Kunst in Riegel

Ein sehr persönlicher Erfahrungsbericht von Karl-Heinz Thiel

Gibt man in einer der modernen Internet-Suchmaschinen Kunst in Riegel ein, findet sich dort eine beachtliche Anzahl von Künstlern. In diesem Beitrag möchte ich etwas auf die jüngste, künstlerische geschichtliche Entwicklung in der Gemeinde Riegel eingehen und stelle hier einmal folgende Behauptung auf. “Keine Gemeinde dieser Größenordnung in Baden-Württemberg hat eine höhere professionelle Künstlerdichte wie Riegel“. Ich gehe davon aus, dass dies einer Prüfung stand hält und ich bin gern bereit, von dieser These Abstand zu nehmen, sollte es einer Gemeinde gelingen, den gegenteiligen Beweis zu erbringen, dass dies nicht so ist.

Es gibt fast keinen Kunstzweig, der hier nicht vertreten ist, sei es der darstellenden Kunst, der bildenden Kunst oder die Musik oder Literatur. Auf die einzelnen Künstler werde ich gesondert eingehen, viele von ihnen sind auf dem internationalen Bankett tätig und haben beachtliche Erfolge verbucht. Es lohnt sich, etwas genauer die Welt der Riegeler Künstler zu betrachten.

 

 

Die jüngste Riegeler Kunstgeschichte.

Im Jahre 1982 fand die erste Gemäldeausstellung in Riegel statt. Der Maler Karl-Heinz Thiel und Graphiker Klaus-Dieter Heilig zeigten im kath. Gemeindehaus ihre Werke und öffneten so eine Tür, die für Riegel neue Maßstäbe setzte, die von Karl-Heinz Thiel erhofft wurden, aber auch zeigt, dass Kunst einen langen Atem braucht.

War bis dahin die Riegeler Brauerei der Werbeträger der Gemeinde, verlor diese zunehmend an Bedeutung.

Damals stellte ich die Behauptung auf, Bürgermeister und Brauerei werden nicht mehr sein, aber Maler Thiel wird es weiterhin geben, und wurde damals fast gesteinigt oder zumindest belächelt. Doch weiter zur Kunst und den Künstlern in der jüngsten Vergangenheit.

Wer kennt nicht den Maler und Zeichner Hans Hoppe (1919-2008). Zahlreiche Almanach-Titelbilder stammen aus seiner “Feder”. Er malte und zeichnete in liebevoller Art unsere Heimat. In vielen Häusern sind noch seine Bilder zu finden. Seine ruhige Art war im Ort sehr beliebt, Konflikte suchte er zu vermeiden. Die heimatliche Idylle versuchte er in seinen Bildern festzuhalten, ohne etwas an der Realität verändern zu wollen. Es folgten etliche Ausstellungen mit seiner Beteiligung.

Ein weiterer Maler der ersten Stunde war der Italiener Collucci. Seine Ölbilder zeigten die nähere Umgebung und den Schwarzwald in realen Abbildungen. Nach Wegzug von Riegel eröffnete er in Hinterzarten ein Atelier und bedient dort die Schwarzwald-Touristen mit seinen Schwarzwald-Motiven.

Zahlreiche Gemeinschaftsausstellungen habe ich in den 80er Jahren mitorganisiert und veranstaltet.

Das Interesse der Bevölkerung war immer sehr hoch, was die Besucherzahlen immer wieder belegt haben. Mit dabei war auch der aus Endingen stammende Kunstschaffende Dieter Rottler, der noch heute im ehemaligen Postgebäude in der Leopoldstraße sein Atelier betreibt. Allen Mitwirkenden und Helfer an dieser Stelle einen herzlichen Dank .

Das Angebot, an künstlerischen Werken wurde 1993 durch den Zuzug von Silvia Zimmermann, mit Ton und Keramikarbeiten erweitert.

Eine weitere Bereicherung der Riegeler Kunstszene ist der Stahlkünstler Peter Zimmermann.

im “Bädle” an der Elz hat er seine Stahlschmiede. Seine monumentale begehbare Camera Obscura im Auwald wir mir in ewiger Erinnerung bleiben und mancher Besucher der damaligen Ausstellung war etwas irritiert an der Anhäufung von Stahl-Schrott und meinten, es sei eine Frechheit, so etwas den Leuten anzubieten. Ich denke, Peter Zimmermann beweißt, dass Stahl sehr wohl geeignet ist, künstlerische neue Sichtweisen zu eröffnen.

1994 konnte man versierte Kunsthandwerker beobachten, wie diese im 18.Jahrhundert hier in Riegel möglicherweise tätig waren. Die unvergessene Mechthild Michels ließ im kath. Gemeindehaus die Arbeitstechnik vergangener Zeit aufleben. Der Steinmetz Peter Gutmann , der Stuckateur Alois Florian und der Maler Karl-Heinz Thiel , zeigten dem staunenden Publikum und Schulklassen welche Materialien, Werkzeuge und Techniken schon im !8.Jahrh. bekannt waren .

Die Badische Zeitung schreibt ….Karl Heinz Thiel ”un peu artistque” mit der Baskenmütze ist in Fahrt,..ein technisch versierter und phantasievoller Maler. Dem ist nicht mehr hinzu fügen .

Seit 1999 hat Riegel wieder ein Theater, gegründet wurde es bereits 1981 von Klaus Spürgel. Ich kann mich noch an die erste Begegnung mit Klaus Spürgel erinnern. Im bäuerlichen Anwesen, welches ich 1987 erworben hatte, wollte ich meine Ausstellung mit einer Schauspieleinlage bereichern, rief Klaus Spürgel an, und Klaus Spürgel kam. Leider kam die Aufführung nicht zustande, aber 1999 eröffnete er im umgebauten Bahnhof in Riegel das Kumedi-Theater, welches er zusammen mit Elisabeth Fünfgeld mit einem hochwertigem Voll-Programm führt. Das Theater-Debüt führten allerdings Klaus Spürgel und Elisabeth Fünfgeld im Posthof unter freiem Himmel auf. Hin und wieder hatte ich die Ehre ein Bühnenbild zu gestalten.

Im ehemaligen Feuerwehrhaus, zuvor Gemeinschafstrotte, hat heute der Fotograf Telemach Wiesinger in der Kirchstraße seine neue Heimat gefunden. So hat er dieses geschichtsträchtige Gebäude in einer neuen Funktionsweise erhalten und nicht platt gemacht wie andere historische wertvolle Baudenkmale.

In der Hauptstraße 5 hat die Malerin Cordula Böhle ihre neue Heimat gefunden. Einst war in diesem Gebäude das Gasthaus Zum Engel im Grundbuch eingetragen. Bevor die Eheleute Böhle das Anwesen erwarben, befand sich in den Räumlichkeiten eine Fahrrad-Werkstatt der Familie Storz

Ein weiterer kultureller Höhepunkt für die Gemeinde Riegel war die Ansiedlung der Messmer Foundation im stillgelegten Brauerei-Areal im Jahr 2009. Sein Gründer Jürgen Messmer hat sich der konstruktivistischen Kunst verschrieben. Der Nachlass, Werke von Andre Evard (1876-1972 ) bilden den Grundstock dieser Stiftung. Auf die zahlreichen Wechselausstellungen von internationalem Rang möchte ich gerne ein anderes Mal eingehen.

Eine Bemerkung nebenbei, all diese Künstler und Kunstschaffende nutzen Gebäude, deren Funktion eine andere war, aber bei behutsamer Restaurierung wertvoller wurden. Sie liefern somit weiterhin Zeugnis ab, von vergangener Baukultur, und schonen die Umwelt.

 

 

Im Jahre 2009 schlossen sich erstmalig 8 Künstler zusammen, um die ersten Offenen Ateliertage zu veranstalten. Der Kern dieser Gruppe besteht heute noch und hat etliche neue Künstler dazu gewonnen, die ich in einer gesonderten Abhandlung vorstellen möchte. Die Offenen Ateliertage sind mittlerweile ein fester Bestandteil der Riegeler Kunstwelt geworden, und ich weiß aus erster Hand, dass andere Kunstvereine einen Besuch in Riegel schon in ihrem Veranstaltungskalender fest vermerkt haben.

Die ersten teilnehmenden Künstler Silvia Wenzinger-Schille (Keramik), Carmen Gukelberger (Malerei), Cordula Böhle (Malerei), Heide Bachofer (Collage), Hans-Jürgen Truöl (Fotografie), Telemach Wiesinger (Fotograf), Dieter Rottler sowie Karl-Heinz Thiel (Maler, Gestalter u. Restaurator) jeder dieser Künstler und Kunstschaffende hat seine eigene Ausdrucksform erarbeitet ,so das dem Publikum ein reiches Spektrum dargeboten wurde.

Der Andrang war für uns Künstler überwältigend, so das beschlossen wurde im jährlichen Turnus die Veranstaltung zu wiederholen.

2010 erweiterte Svenja Neuendorf (Bildhauer) und der Fotograph Hans-Peter Ziesmer die Künstler- Gruppe. Svenja ist zwischenzeitlich ins Ruhrgebiet ausgewandert Hans-Peter mit seinen tollen Kaiserstuhl-Impressionen ist weiterhin in Riegel aktiv.

2011 ist die Gruppe weiter gewachsen, zu nennen sind da Ulrike Hensle (Schmuck)

den leider verstorbenen Thomas Combo (Olivenholzobjekte) Norman Hothum (Kalligraphie, Buchillustration) und Michelle Hothum (Druckgraphik) und Wolgang Keller (Comic ,Malerei)

2012 zeigten zusätzlich Gabriela Stellino ( Medienkunst, Zeichnungen) und Tanjan Truöl ( Fotografie) ihre Arbeiten , so das für das interessierte Publikum es ein anstrengender Rundkurs wurde, wollten sie alle Künstler besuchen.

2013 kamen Karin Stader aus Frankreich (Malerei) Dorothee Lang (Skultur) Katharina Hirt (Fotografie, Design) und Senta Ernst (Collagen) hinzu.

2014 Die Künstlergruppe wird internationaler . Der Schweizer Diplom-Musiker Robert Sägesser fand im alten Schloss sein neues Zuhause . Schwerpunkt seiner Musik sind die alten Musikinstrumente . Dem Nachwuchs seine Chance, war das Motto für Marina Meindl . Sie hat so zum erstmal die Möglichkeit Ihre Fotografien der öffentlichen Kritik zu stellen und hatte es mit pravour gemeistert. Nathalie Gianfelice hat Bürgerhaus ihr Atelier eingerichtet. Künstler aus der Schweiz stellten im Bürgerhaus und unterstrichen somit, wie weit zwischenzeitlich der gute Ruf aus Riegel reicht, und welch gute Qualität hier zu finden ist.

Riegel strickt war ein besonderes Ereignis für mich. Zunächst war ich sehr skeptisch

Kunst und Stricknadeln. Ich wurde eines besseren belehrt. Kunst ist auch Kommunikation. Ich war überrascht mit welcher Anteilnahme die verschiedensten Menschen zusammen kamen, um gemeinsam das Dorf in Wolle einzuhüllen Brückengeländer, Fahrradständer, Abfalleimer… und vielen mehr bekamen ein neues Kleid aus Wolle. Frau Busch mit dem Bürgercafe-Team haben dies ermöglicht.

2015 wieder ein Jahr mit offenen Atelier und der Möglichkeit Einblick zu nehmen, wozu Künstler in der Lage sind kreativ umzusetzen. In einem Rundgang unter professioneller Leitung mit Robi dem Dudelsackspieler erlebte die erlauchte Gefolgschaft einen abwechslungsreichen Abend.

 

 

An dieser Stelle möchte ich vorerst meinen Bericht schließen, verspreche aber meine Behauptung - die ich am Anfang dieses Berichtes aufgestellt habe - zu untermauern. Dass Riegel eine lebendige aktive Künstlergemeinschaft hat, hat sich längst herum gesprochen; wie weit diese reicht, werde ich in der nächsten Ausgabe berichten.

Bis dahin Euer Maler Thiel aus Riegel

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